Die Kunst des Schreibens
ein paar Kostproben … viel Vergnügen!
Ich bin das Feuer, das verzehrt
und bin der Stein.
Ich bin die Stimme, die begehrt
und bin das „Nein“.
Ich bin die Mitte, die entsteht
und bin der Raum.
Ich bin der Atem, der vergeht
und bin der Baum.
Ich bin die Wunde, die verheilt
und bin der Fluss.
Ich bin die Zeit, die nie verweilt
und bin der Kuss.
Ich bin die Welle, die dich trägt
und bin das Wort.
Ich bin die Wolke, die verweht
und bin der Ort.
Ich bin die Frau, die sich verschenkt
und bin der Kreis.
Ich bin der Traum, der dich bedrängt
und bin der Preis.
Ich bin die Nacht, die sich erhebt
und bin der Dom.
Ich bin der Sturm, der dich belebt
und bin der Strom.
© Anita Ferraris 1987
Der Mann, der Mischa heisst
könnte auf einer Plakatwand kleben.
Wenn er lächelt, frage ich mich,
ob er für Pepsodent wirbt-
Jede Bewegung seines Körpers
ist eine Wohltat.
Er hat den Gang jener Leute,
die wissen,
dass die Welt sie erwartet.
Wenn er mich ansieht,
vergesse ich das alles
und öffne ihm
ohne Bedenken mein Herz.
© Anita Ferraris 1975
In der Erde wächst mein Kind heran.
Im Inneren der Erde
wo die Feuer brennen
wo die Funken sprühen
in der Schmiede
in der Erde
in der Erde.
Mein Kind wird eine Kristallkrone tragen.
Vater bekommt es mit der Angst zu tun.
Ich nehme ihn bei der Hand
und führe ihn auf die Eisgipfel,
wo wir wohnen von jetzt an.
© Anita Ferraris 1977
Die folgenden Textauszüge stammen aus meinem unveröffentlichten
Roman „Der Umzug“.
Auszug aus "Der Umzug" / Der Schrei
Auszug aus meinem Roman „Der Umzug“
Der Schrei
Ich war eingeladen worden, an einer Party in Zürich, in einem Ruderclub teilzunehmen. Der Mann, der mich eingeladen hatte, war ein fetter nicht mehr ganz junger Mann mit Doppelkinn, der mir wie so viele andere deutliche Avancen machte. Dass er im Filmgeschäft tätig war, war das einzig Interessante an ihm. Ich dachte, es wäre ja kein Problem, die Einladung anzunehmen, wobei ich allerdings die reale Situation in meiner Naivität gehörig unterschätzt hatte.
Der ziemlich unangenehme, arrogante Widerling hielt mir auf dem Weg zur Party Vorträge über die Lächerlichkeit meiner sexuellen Verweigerung. Ich sei schlicht und einfach „oversexed“, sagte er. Was er damit meine, fragte ich ihn. Nun, er sagte, ich sei wie eine überreife Frucht, die man längst hätte ernten müssen. Bald würde ich am Baum verfaulen. Der Sex käme mir aus allen Poren. Das sei ja schon nicht mehr schön. Mit diesen Worten versuchte er mir an den Busen zu fassen. Ich parierte den Griff gekonnt, er kam nicht dazu. Leicht verärgert ließ ich ihn stehen, als wir angekommen waren, und mischte mich unters Volk.
Die Party war schön, ich tanzte stundenlang, vergaß alles um mich herum und trank Wein, und so entging es meiner Aufmerksamkeit vollkommen, dass nach einigen Stunden auf einmal nur noch Männer im Raum waren. Alle Frauen hatten sich im Lauf der Zeit verabschiedet. Nun war mir etwas mulmig zu Mute. Es war spät geworden. Ich war überhitzt. Ich musste nach Hause, wollte mich aber erst etwas abkühlen und ging hinaus auf den Balkon. Es war ein sehr schmaler, aber auch sehr langer Balkon aus Holz. Ich stand einen Moment an der Brüstung und starrte in die Nacht. Da geschah es. Fünf Männer, darunter der Typ, der mich eingeladen hatte, drängten sich plötzlich gemeinsam auf den Balkon, eng zusammen geschlossen. Sie sahen mir in die Augen mit dem Blick des Jägers, der die Flinte ansetzt, um den tödlichen Schuss zu landen. Sie gingen langsam, leise und lächelnd auf mich zu. Ich wich zurück. Ich ahnte nichts Gutes. Es war totenstill. Das Einzige, was ich hörte, war mein laut klopfendes Herz. Die Spannung war unerträglich. Als ich mit dem Rücken am Ende des Balkons in Berührung mit der Holzbrüstung kam und die Männer immer noch leise aber zielsicher auf mich zugingen, setzte mein Denken aus und mein Instinkt ein. Ich schrie. Vielmehr, ich hörte mich schreien. Es war ein langer Schrei, ein schriller ungeheuer richtiger Schrei. War ich das? Ja, das war ich. Oder besser gesagt, es schrie durch mich. Im gleichen Moment löste sich die Männergruppe auf, die Männer drehten sich weg, verkrümelten sich, gingen wortlos zurück in den Partyraum. Und im nächsten Augenblick rannte ich zitternd um mein Leben, zurück vom Balkon, vorbei an den Männern, zu meiner Jacke, hinaus in die Nacht. Ein Taxi kam, ich erwischte es bebend. Ich war gerettet.
Auszug aus "Der Umzug" / Der Traumprinz
Der Traumprinz
Ich war, wenn ich es ehrlich zuließ, immer noch in Jean, jenen wunderschönen Mann, den Leiter des Studententheaters verliebt. Er war inzwischen auf der Karriereleiter weiter geklettert, hatte sich von seiner Frau getrennt und ein eigenes Theater gegründet. Ich traf ihn wieder. Ich nahm Kontakt mit ihm auf und besuchte ihn in Zürich. Als ich ihn wieder sah, war ich sofort wieder in seinem Bann und durch und durch elektrisiert. Die Knie zitterten mir, ich wurde fast ohnmächtig. Ich erinnere mich, dass wir an einem schönen Abend im Sommer gemeinsam Arm in Arm auf den „Lindenhof“ spazierten. Die Stimmung war ungeheuer romantisch, es war warm und mein Herz zersprang fast vor Glück. Als wir uns dort oben umarmten und uns küssten, wollte der Kuss gar nicht mehr aufhören. Ich war so unendlich verliebt, dass ich zum ersten und einzigen Mal nur vom Küssen einen Orgasmus bekam.
Später besuchte er mich ab und zu in Basel. Seine Besuche waren selten aber immer ein absoluter Höhepunkt in meinem Leben. Jetzt schliefen wir auch zusammen. Aber der Kuss auf dem „Lindenhof“ war einzigartig gewesen und nicht wiederholbar. Meine Liebe zu diesem Mann war raumgreifend, unheimlich und unverwechselbar. Sie war eigentlich nicht lebbar, nicht von dieser Welt und zutiefst unschuldig. Wenn wir uns in einem Kaffee trafen, hielten uns die Leute manchmal für Geschwister. Wir waren uns ähnlich. Wir hatten beide lange dunkle Haare und trugen Stirnbänder. Ich fühlte eine Verbundenheit zu ihm, die ich mir nicht erklären konnte, die er auch nicht verstand und auch nicht in demselben Ausmaß wie ich fühlen wollte. Er hatte Angst und Abscheu davor. Immer, wenn das Gefühl für ihn zu dicht wurde, verschwand er für eine Weile aus meinem Leben. So reduzierte er den Kontakt mit mir auf eine für ihn machbare Größenordnung, die mir niemals genügen konnte. Er tauchte für einen Augenblick voll ins leidenschaftliche tiefe Gefühl ein, und dann sprang er ganz schnell wieder hinaus und gewann seine Leichtigkeit zurück. Das tat mir weh, aber da ich ihn so sehr liebte, akzeptierte ich es, die Begegnungen mit ihm als kostbare Augenblicke selten genug geschenkt zu bekommen. In seiner Abwesenheit fühlte ich mich dennoch mit ihm verbunden, tiefer und inniger als mit den Männern, mit denen ich sonst das Bett teilte.
Diese Verbundenheit fühle ich noch heute. Noch heute kann ich sie mir nicht erklären. Noch heute, vierzig, bald fünfzig Jahre später beginnt mein Herz laut zu klopfen, wenn ich dies schreibe. Wenn es frühere Leben geben sollte, kennen wir uns schon sehr lange. Davon bin ich überzeugt.
Auszug aus "Der Umzug" / der Schock
Der Schock
Und dann kam der Tag, an dem alles anders werden sollte. Meine Mutter erschien unerwartet auf dem Spielplatz, zerrte mich hektisch an der Hand nach Hause und kreischte mit schriller Stimme: „Ich muss dir etwas sagen: Ich habe geheiratet! Wir fahren heute noch in die Schweiz! Wir haben keine Zeit, wir müssen gleich los! Also beeil dich. Das Auto ist schon voll.“ „Aber meine Spielsachen?“ „Die musst du hier lassen.“ Was sollte ich in der Eile packen? Mein kleiner blauer Kinderkoffer hatte gerade ein Format in der Größenordnung, dass ich etwa zwanzig Mickymaushefte hineinlegen konnte. Und schon war er voll. Alle meine Tiere musste ich dalassen. Meine heiß geliebten Bären und Steifftiere. Die Bücher. Auf die Puppen konnte ich leicht verzichten. Auch auf das Puppenhaus und die Autobahn, auf all die Schätze in den Schränken. Dann erst wurde mir klar, dass ich auf mein ganzes Leben verzichten musste, die Wohnung, in der ich acht Jahre gelebt hatte, meine Schule, die Schulkameraden, die Straße, die Häuser, die Stadt, die Schulkinder – und meine Oma. Alles würde ich nie wieder sehen. Meine Mutter und die Oma schrien sich indes bereits wieder an. Die Oma weinte, und ich weinte auch. Es war ein Zerren und Schreien, ein kopfloses unheilvolles Chaos.
Dann wurde ich endlich zum Auto geschleppt, zu einem dunklen Wagen, in dem am Steuer ein fremder Mann saß. Meine Mutter öffnete die Wagentür, stieß mich nach hinten mitsamt meinem blauen Köfferchen und und ordnete gleichzeitig an: „Das ist Walti, mein Mann, du kannst ihn Onkel Walter nennen!“ Ich schluckte. Die Oma schrie und weinte neben dem Wagen. Sie fasste hilflos tastend an die geschlossenen Scheiben. Ihre Hände klebten wie Saugnäpfe verzweifelt an den Wagenfenstern, und einen Moment erinnerte mich das an die Haftballen an den Fingern meiner Laubfrösche, die genauso an der Glasplatte des Terrariums klebten, als sie noch lebten. Auch ich berührte die Glasscheibe. Nun trommelte sie mit ihren Fäusten wütend dagegen. Inzwischen saß aber auch meine Mutter im Auto und schrie hysterisch: „Fahr los!“ Und so setzte Onkel Walter das Auto in Betrieb und fuhr rasant an. Der Motor jaulte, die Räder quietschten, und mit einem hellen Aufschrei und schrecklich verzerrtem Gesicht rutschte meine Oma mit den Händen von der Heckscheibe und verschwand stürzend hinter uns. Das war das Letzte, was ich von ihr sah, bevor mein neues Leben in einer mir noch vollkommen unbekannten Umgebung begann.
Auszug aus "Der Umzug" / Zeit der Liebe
Zeit der Liebe
Gegen Ende dieser Proben begegnete ich einem besonderen Menschen, mit dem ich mehr als eine Affäre erlebte. Diesmal war es Liebe. Kurt war in einer leitenden technischen Position am Schauspielhaus, ich lernte ihn kurz vor der technischen Einrichtung kennen, ich war von seinem Können und künstlerischem Einfühlungsvermögen beeindruckt aber auch von seinem ganzen sanften Wesen, und wir verliebten uns rettungslos in einander. Er war verheiratet und hatte fünf Kinder, das Kleinste war zwei Jahre alt. Seine Frau merkte schnell, dass er sie hinterging. Wir wehrten uns gegen unsere Gefühle, konnten uns aber schließlich nicht mehr beherrschen. Aus dem Gefühl, verliebt zu sein, wurde allmählich Leidenschaft und schließlich Liebe. Ich wurde von ihm angebetet, beschützt und getragen. Sein großes warmes Herz, seine Tiefe und Sensibilität und seine vollkommene Hingabe entzückten mich. So beglückten wir uns gegenseitig, wussten aber auch um den Betrug. Er spielte ernsthaft mit dem Gedanken seine Frau zu verlassen. Mir war das unheimlich, und ich fühlte mich schlecht und schmutzig bei dem Gedanken, eine so große Familie unglücklich zu machen. Was sollte mit den Kindern geschehen? Einmal nahm er mich sogar mit zu sich nach Hause. Während ich von ihm geküsst wurde und sein kleinstes Kind auf dem Schoß hielt, zertrümmerte seine Frau im oberen Stock des Hauses das Mobiliar. Wir hörten andächtig zu, wie der Kronleuchter zerschlagen wurde. Ich hatte Angst, schämte mich, empfand mein Dasein als Unrecht und wollte gehen, aber er wollte genau diese Herausforderung, wollte mir und seiner Frau zeigen, dass er zu allem bereit war. Ich war bedrückt, ratlos, steckte fest und betete ihn an. Wie sollte das nur weiter gehen?
Inzwischen hatte unser Stück Premiere gehabt und wurde täglich mit großem Erfolg gespielt. Der Intendant hatte mir zur Premiere einen Gedichtband von Brecht geschenkt mit persönlicher in blauer Tinte vorne ins Buch geschriebener Widmung und großem Dank, was mich überraschte, sehr berührte und stolz machte. Ich hatte von nun an die Aufgabe, die Vorstellungen zu betreuen und fühlte mich im großen Schauspielhaus wohl und fast zu Hause.
Beim Finale sang das ganze Ensemble jeden Abend frontal zum Publikum gerichtet das „Lied von der Moldau.“ Kurt und ich standen dabei rechts und links von der Seitenbühne, blickten uns voller Liebe über die große Bühne hinweg tief in die Augen und sangen laut mit. Dabei münzten wir den politischen Inhalt auf unsere private Situation um. Das Singen des Liedes war für uns eine allabendliche magische Beschwörung, ein Stoßgebet mit der inständigen Bitte, dass es für uns und unsere unendlich tiefe unabwendbare, aber unmögliche Liebe eine lebbare Lösung geben möge:
„Am Grunde der Moldau wandern die Steine,
es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt groß nicht
und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden,
dann kommt schon der Tag.
Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.
Und geh’n sie einher auch wie blutige Hähne
Es wechseln die Zeiten, da hilft kein Gewalt.
Am Grunde der Moldau wandern die Steine,
es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt groß nicht
und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden,
dann kommt schon der Tag.“
Ich musste einen Ausweg finden, die Situation mit uns beiden war vollkommen verfahren, und ich musste mich aus dieser Verklebung, die mich beglückte, aber auch erstickte, befreien. Die Kinder waren inzwischen schon involviert und wussten Bescheid. Sie waren auf meiner Seite, was mich noch mehr bedrückte. Ich wollte nicht die Ersatzmutter für fünf Kinder werden. Ich wollte Regisseurin werden und brauchte meine Unabhängigkeit, um jederzeit von heute auf morgen einen Regieauftrag annehmen zu können. Ich ahnte, dass sich dieser Beruf nicht mit Bindungen an Menschen und Orte vereinbaren ließ. Wir sahen uns täglich. Wir umklammerten einander wie zwei Schiffbrüchige, die nur sich hatten, nichts sonst. Mein Herz war zerrissen zwischen der tiefen Bindung, die ich eingegangen war und meiner Berufung zur Künstlerin, die gelebt werden wollte.
Auszug aus "Der Umzug" / Die Berufung
Die Berufung
Und so geschah es, dass mir ein einschneidendes magisches Erlebnis auf einer Theaterprobe mit einem Schlag, in einem einzigen lichten Augenblick klar und deutlich meine Berufung zeigte: Ich erkannte, dass ich auf dieser Welt war, um Theaterregisseurin zu werden!
Durch die Bekanntschaft mit Peter, dem damaligen Basler Theaterfotograf, mit dem ich zeitweise eine lockere Affäre hatte, war es mir schon länger möglich gewesen, bei Proben im Theater dabei zu sein. Er lotste mich jeweils durch einen Nebeneingang in den Zuschauerraum, und ich konnte bei der Theaterarbeit zusehen, ohne dass meine Anwesenheit störend wahrgenommen wurde. Ich blickte hinein ins REICH DER ELFEN und sah bezaubert die Lichtgestalten ihren Reigen tanzen. Was für ein unermesslich beglückendes und berauschendes Geschenk! Ich tauchte heimlich im Dunkeln sitzend mit meiner ganzen leidenschaftlichen Seele in diese Zauberwelt ein, drückte mich verzückt in den mit rotem Samt bespannten Stuhl im Zuschauerraum, bestaunte den blutroten schweren Theatervorhang, die bunten Dekorationen, die zauberhaften Kostüme, bewunderte das verrückte Volk der Schauspieler, die beeindruckenden Regisseure, die schwitzenden Bühnenarbeiter. Ich sah fasziniert zu, wie sie geschäftig und unermüdlich Requisiten auf die Bühne trugen, und beneidete die betriebsamen unentbehrlichen Regieassistenten, die geheimnisvolle Aufträge perfekt auszuführen hatten.
Fasziniert ließ ich mich von all dem, was in dieser Anderswelt geschah, in den Bann ziehen. Das konnte mich endlich sättigen, das war die große Aufgabe, der ich mich hingeben wollte. Ich spürte unbeschreibliche Glücksgefühle, mir war, als würde ich schweben. Und so geschah es, dass die ELFEN mich verführten. Ich war endlich zu Hause angekommen.
Auf einer dieser Proben beobachtete ich den Regisseur W. bei seiner Arbeit. Es hätte auch irgendein anderer Regisseur sein können, aber an diesem Tag, in diesem einzigartigen Augenblick erlebte ich durch ihn meine Initiation in meine Berufung. Er hatte eine ungeheuer dichte, magische Ausstrahlung und erschien mir wie ein geheimnisvoller Magier, der mich zu meiner Lebensaufgabe führte. Ich verschlang mit meinen Augen diesen schmächtigen drahtigen Mann, der mit wenigen knappen leisen Anordnungen und klaren Gesten in wenigen Minuten eine Welt erschuf. Ich nahm bewundernd wahr, wie er eine Handbewegung machte, worauf aus einer Gasse zwanzig Bühnenarbeiter stürzten und im Handumdrehen die Bühne auf seine Anweisung hin frei räumten. Eine zweite Handbewegung, mehr nach oben gerichtet bewirkte, dass von oben aus dem Schnürboden eine graue Wand heruntergefahren wurde. Er zeigte nach links und rechts, und die Seitenwände rückten näher, was den Raum beängstigend eng machte und vollkommen veränderte. Dann flüsterte er etwas in einen kleinen schwarzen Apparat, und augenblicklich ertönte aus unsichtbaren Lautsprechern eine wundersame Musik. Er drehte sich um, rief etwas nach oben, worauf ein Scheinwerferkegel sich ins Zentrum des Geschehens richtete und die Bühnenmitte in blauem Licht erstrahlte. Ein lebendiger eigener Kosmos entstand vor meinen Augen, erfasste alle meine Sinne und erfüllte mich mit Begeisterung. Dann winkte er einen Schauspieler heran, wirkte leise aber unerbittlich auf ihn ein, erklärte genau und plastisch, wie er sich die Szene vorstellte, beschwor ihn mit durchdringender Stimme und konzentrierter Gestik, – und der Schauspieler, der vor ihm stand, um den einzig richtigen Ausdruck ringend, hing an seinen Lippen, saugte die Worte auf, nickte bezaubert, verstand und setzte endlich genau um, was der Regisseur wollte.
In diesem Augenblick erschien mir der kleine schmächtige Mann wie ein Schlangenbeschwörer oder wie der liebe Gott, der die Welt erschuf. Und ich verstand, dass es meine Berufung war, Regisseurin zu sein. Kein Weg führte mehr daran vorbei.
Ich spürte eine ungeheure Kraft in mir aufsteigen, eine alles überflutende berauschende Energie. War es eine neue bisher ungekannte Art von Liebe? War es Größenwahn? War es der ELFENZAUBER? Was auch immer es war, es war nicht mehr aufzuhalten und wollte gelebt werden. Ich wusste mit einem Mal, dass ich das Talent hatte, auf der Bühne mit den Schauspielern tief bewegende Geschichten zu erzählen, dass ich die Fähigkeit besaß, mit Phantasie und Schöpferkraft lebendige ungeheuer starke Bilder zu verwirklichen, und dass ich so die Herzen der Zuschauer berühren und sie zum Lachen und zum Weinen bringen konnte. Ich fühlte in mir die Gewissheit, dass ich mich mit Haut und Haar dem Theater hingeben würde. Die Würfel waren gefallen.
Auszug aus "Der Umzug" / Dickes Kind
Dickes Kind
Wenn meine Mutter und meine Oma sich stritten, ging es oft um mein Aussehen. Da ich ein dickes Kind war und genauso süchtig wie meine Großmutter aß, meine Mutter aber eher schlank war und in ihrem ganzen Wesen, also auch beim Essen eher ängstlich, schamhaft und lustlos, war meine ganze Erscheinung für sie ein Schlag ins Gesicht. Nicht nur, dass ich meinem Vater im ganzen Gesicht, der dunklen Haarfarbe, der oliv – braunen Haut, der geschwungenen Lippenform sehr ähnlich war, nun sah ich auch noch als dickes aus allen Nähten platzendes Kind unübersehbar meiner Oma ähnlich. Meine Mutter war sehr wütend darüber. Mein ganzes Erscheinungsbild war für sie ein Dorn im Auge. Am Liebsten hätte sie mich vernichtet. Manchmal spürte ich ganz intensiv ihren verzweifelten Hass, dass sie mich weghaben wollte. Wahrscheinlich war ihr das nicht einmal bewusst. Heute kann ich sie sogar verstehen: Meine Mutter fragte sich verzweifelt, warum ich ihr nicht ähnlich war. Sie ahnte, dass sie mich vermutlich verloren hatte. Sie fühlte sich im tiefsten Inneren schuldig und wollte das partout nicht wahrhaben. Oft betonte sie, dass ich die gleichen Hände hätte, wie sie. Ich verstand es damals nicht, warum sie damit so ein Problem hatte, da sie mich ja schließlich auch meinem Vater weggenommen und meiner Oma untergeschoben hatte. Also war es doch ganz klar, dass sie einen Preis dafür zahlen musste. Der Preis war für mich logisch. Ich bestrafte sie teils unbewusst – teils bewusst, indem ich mich von ihr abwandte. Ich wollte gar nicht aussehen wie sie, blond und deutsch. Und doch wollte ich es, weil ich unbedingt ihre Liebe haben wollte. Ich schmachtete nach ihren Berührungen. Wenn sie mich aber mit ihrem feuchten Lippenstiftmund küsste, ekelte ich mich und stieß sie zurück. Ich war hin- und her gerissen. Immer aber merkte ich, dass ich erstens falsch war, zweitens keine Chance hatte und drittens konsequent leer ausging. Und ich grübelte darüber, ohne eine Lösung zu finden.
Ich war von außen betrachtet eine kleine sinnliche Italienerin mit viel Temperament. Das wusste ich aber nicht. Ich wusste gar nichts, weil Italien und mein Vater ein Tabuthema waren. Nur ab und an gab es Bemerkungen. Und die waren immer negativ. Wenn ich keine Lust hatte, mich zu waschen oder die Zähne zu putzen, hieß es gleich: Typisch italienisch! Werde nur nicht wie die. Wie denn? Wuschen sich die Italiener nicht? Ich erhielt keine Antwort. Das Schlimmste aber war, dass sich meine Mutter schämte. Sie hasste meinen Körper. Hasste sie mich, weil ich aussah wie mein Vater oder weil ich dick war wie meine Oma? Niemals erwähnte sie meinen Vater. Wenn die Rede auf ihn kam, brach sie ab und ging hinaus oder schwieg. Ich hörte immer nur von ihr den Hass auf meinen zu üppigen Körper. Und sie hasste meine Lust am Leben mehr noch als meine Freude am Essen. Sie beschimpfte die Oma und beobachtete mich mit bösen Augen bei jedem Bissen, den ich zu mir nahm. Es war für sie furchtbar, so ein hässliches Kind zu haben. Immer wieder bekam ich zu hören, ich sei so hässlich, dass sie sich schämen würde, mit mir auf die Straße zu gehen.
Ich war tief verletzt und fühlte mich beschämt und verachtet. Und ich begann sie tief und vernichtend zu hassen.
Andererseits hätte ich ihr ja so gerne gefallen. Ich brauchte ihre Liebe. Ich wollte, dass sie nie wieder wegfuhr, dass sie da blieb. Es war ein unerträglicher Schmerz, ein wahres Verhängnis. Denn meine Großmutter war natürlich auch noch da. Und um ihr zu gefallen, musste ich essen, viel essen, maßlos essen. Mittlerweile hatte ich das Maß sowieso nicht mehr im Griff. Denn ich kannte keine anderen Mittel, um schnell ein Wohlgefühl zu erlangen, als zu essen oder in eine Phantasiewelt abzutauchen, in die wunderbare Welt der Geschichten oder im Zoo in die geheimnisvolle Welt der Tiere. Da ging ich aus meinem Körper hinaus in den Körper eines anderen Wesens, in den Körper eines Tieres in diesem Fall. Aber wo blieb eigentlich ich? Wo blieb mein eigener Körper? Er wurde aufgeteilt zwischen meine Oma und meine Mutter. So bewohnte ich ihn nur, wenn es sein musste. Ich hatte bald die Kunst der Dissoziation gelernt, ohne damals zu wissen, was das ist. Was blieb mir anderes übrig? Meiner Oma und meiner Mutter gleichzeitig zu gefallen, war unmöglich. Was auch immer ich tat, war aus der Perspektive der einen der beiden Frauen, die meine einzigen Bezugspersonen waren, ein Verbrechen, während die andere mich dafür lobte und herzte. Ich war zwischen beiden und in mir selbst zerrissen und völlig überfordert. Meine eigenen Bedürfnisse, die wahren Bedürfnisse meiner Seele und meines Körpers waren längst in einer dunklen Truhe verschlossen und diese Truhe war tief in der Erde und an einem geheimen Ort begraben.
Auszug aus "Der Umzug" / DIESE drei Worte
DIESE drei Worte
Mirandas Handy meldete mit einem sanft klirrenden Nachrichtenton, der sich “Zauber” nannte: “Du hast eine WhatsApp!” Das war sicher Leo. Er schrieb mehrmals am Tag. Und sie antwortete ihm genauso oft, aber immer ein bisschen verspätet. Er sollte ja nicht auf die Idee kommen, dass er sich ihrer sicher sein könnte. Sie öffnete fröhlich die Nachricht und traute ihren Augen nicht. Da standen nur drei Worte kurz und bündig zusammen mit einem kleinen roten Herzchen: “Ich liebe dich”. – Was fiel ihm ein!? Sie starrte sprachlos auf ihr Handy und hielt den Atem an, um ihn dann geräuschvoll und explosiv wieder aus zu stoßen. Sie lachte hilflos und etwas zu schrill und hielt inne.
Das ging nicht. Er konnte das doch nicht so einfach sagen, nachdem sie sich gerade erst vor zwei Wochen kennen gelernt hatten! Was erlaubte er sich!? Nein, das ging einfach nicht. Das war einfach falsch, peinlich, ohne Sinn und Verstand und völlig gestört. Was fiel ihm ein, von Liebe zu sprechen! – obwohl – na ja, warum eigentlich nicht? Was sprach denn genau genommen dagegen? Sie empfand diese ungeschützte und naive, impulsive kindliche Äußerung herzerwärmend und rührend. Und sie war als heimliche Romantikerin darüber entzückt, geschmeichelt und hingerissen, – ein wenig sogar in ihn vernarrt. Ja insgeheim liebestoll. Aber nein! Sie wollte diese Gefühle um keinen Preis haben! Es gefiel ihr nicht, wie leicht sie tatsächlich entflammbar war. Sie hatte sich vor Jahren vorgenommen, sich nie mehr in diese extrem unkontrollierbare hormongesteuerte Energie fallen zu lassen. Sie wollte klar bleiben! Sucht und Rausch kannte sie viel zu gut, und das hatte in der Vergangenheit noch nie zu etwas Gutem geführt.
Also: Was war jetzt zu tun? Wie ging es weiter? Wie antwortete man um Himmels willen auf einen solchen Satz? Am besten gar nicht! Oder doch? Nein, sie konnte den Satz doch nicht einfach so stehen lassen oder ignorieren. Das wäre verletzend und unangebracht. Dazu war seine Botschaft zu schwerwiegend. Zu schwerwiegend? Vielleicht hatte er das ja einfach nur so unbedacht dahin gesagt? – Wohl eher nicht. – Und wenn sie irgendwas Belangloses antwortete? Zum Beispiel: “Das Wetter ist hier auch schön”… Nein, das wirkte hilflos. Und es war feige, zudem leicht durchschaubar und vor allem nicht ihr Stil!
Oder sollte sie einfach alle Bedenken fallen lassen und schreiben:”Ich liebe dich auch”? Warum eigentlich nicht? Warum sollte man mit diesen lächerlichen drei Wörtern so geizig sein? Wer hatte diese Regel aufgestellt? Es war dieser Stolz eines Edelfräuleins aus der Ritterzeit, die den Minnesänger Nacht für Nacht vor Ihrem Balkon schmoren ließ? Im Grunde wäre es viel besser, die Liebe einfach in die Welt hinaus zu schreien immer und immer wieder, laut und leidenschaftlich: “Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich”…
Quatsch! Sie wusste ja gar nicht, ob sie überhaupt lieben wollte, ob sie lieben konnte, ob sie jemals geliebt hatte, ob sie beziehungsfähig war, geschweige denn ob sie ihn, diesen jungen attraktiven Südländer und ihre Gefühle ihm gegenüber ernst nehmen wollte. Ein nicht enden wollender alles zerstörender ätzender Zweifel breitete sich in ihr aus, wie eine anthrazitfarbene ekelerregende Masse, die ihr Gehirn lahmlegte. Was hieß denn überhaupt “lieben”? Was hieß denn überhaupt dieser Satz. “Ich liebe dich”. Das war doch eine leere Floskel, eine abgedroschene Phrase. Sie lief in ihrer Wohnung umher und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie war total überfordert. Die wunderbare Leichtigkeit der letzten beiden Wochen war mit einem Mal verschwunden. In ihrem heißen Kopf suchte sie vergebens nach einer Lösung, und sie fühlte den Zwang das grundlegende philosophische, ethische Thema “Liebe” von Grund auf analysieren zu müssen, um zu einer Haltung zu kommen, die sie vertreten konnte. Das hatten ja von Plato bis zu Erich Fromm schon so viele versucht. Konnte man die Liebe und ihre Gesetzmäßigkeiten analysieren, dem Geheimnis der Anziehung und den damit verbundenen verwirrenden Gefühlen auf den Grund kommen? Selbst für den Fall, dass sie ihn lieben würde: Wann war der richtige Zeitpunkt gekommen, sich gegenseitig die Liebe zu erklären? Nun, er hatte es getan. Aber sie? Zugegeben: Sie war verliebt, ja, sie flirtete, aber da war doch noch eine unendlich weite Strecke so groß wie die Wüste Gobi zu durchmessen, bevor sie sich allenfalls zu einer derartigen Offenbarung durchringen könnte, und das auch noch schriftlich! Die Stunden vergingen tatenlos, grübelnd, zaudernd.
Endlich war der Abend da. Die Hitze des Tages verging. Sie öffnete das Fenster und hielt ihr glühendes Gesicht in den Abendwind. Und auf einmal überkam sie eine heitere Mutwilligkeit, eine unverschämte Lust auf Risiko, ein kecker Anfall von Leichtsinn, eine Lust weit über die selbst gesteckten Grenzen zu gehen, unvorsichtig zu sein, sich unbedacht und unvernünftig einfach in ein Abenteuer zu stürzen und dann zu erleben, wohin es führte. Und so griff sie zu ihrem Handy und schrieb: “Ich liebe dich auch”. Und es wurde ihr sofort schlecht.
Auszug aus "Der Umzug" / Die wilden Jahre
Die wilden Jahre
Die Welt stand kopf. Die verschlafene Zeit an der Uni mit langweiligen weltfremden Vorlesungen war vorbei. Unruhe und Bewegung griffen um sich. Als Studentin wurde ich natürlich Teil der Studentenbewegung. Ein neues Denken begann, ein großes Erwachen. Wir lasen nicht nur eine Zeitung, sondern gleich drei oder vier und diskutierten darüber, verschlangen Bücher von Marx und Sartre, forderten die Demokratisierung der Hochschulen, protestierten gegen den Vietnamkrieg, gegen die Benachteiligung der Frauen in der Gesellschaft, gegen den Vietnamkrieg, den Konformismus die Konsumgesellschaft, die Generation unserer Eltern, das Establishment. Das Studium trat in den Hintergrund, wir demonstrierten. Enttäuscht von den Normen der Welt, in der wir aufgewachsen waren, suchten wir nach neuen Idealen, für die wir uns begeistern konnten. Wir wollten die Welt verändern. Und wir setzten Zeichen.
Eine Woche vor meinem zwanzigsten Geburtstag war Rudi Dutschke bei einem Attentat lebensgefährlich verletzt worden. Das führte zur Radikalisierung der Bewegung. Es gab in Deutschland und in der Schweiz in vielen Städten als Reaktion die „Osterunruhen“, Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Polizei. Ich war dabei. Aus nächster Nähe erlebte ich mit, wie ein guter Freund von mir von drei Polizisten mit Knüppeln zusammengeschlagen wurde, wie seine Brille zertreten wurde und er aufs Revier geschleift wurde. Ich diskutierte mit Polizisten, fragte sie, warum sie diesen Beruf ausübten. Ich schrie sie an, fragte sie, was sie fühlten, wenn sie blind ihren Befehlen gehorchten. Sie sagten nichts, blickten störrisch an mir vorbei, aber ich roch ihren Angstschweiß.
Die Musik trug uns junge Menschen auf ihren Flügeln: Die Beatles feierten ihren internationalen Durchbruch, die Rolling Stones, Bob Dylan, Joan Baez, Donovan, Jimmy Hendrix, Janis Joplin, The Who, The Doors, Led Zeppelin, Santana, Deep purple und viele andere. Meine Freunde waren langhaarig, trugen ihre Haare als Zopf oder offen, spielten Gitarre, kamen im Gammler–Look, unrasiert, ungekämmt und mit abgewetzten alten Hemden und Jeans oder auch schick und bunt. Alles war drin, nur kein langweiliges bürgerliches Outfit. Ich selbst hatte hüftlange Haare, trug Stirnband und ausgeflippte Sachen, Minirock oder bodenlange sternenübersäte Kleider, Schlaghosen, bunten Schmuck, orientalische Muster, lange Röcke, transparente Blusen. Meine Mutter sagte, wenn ich einmal zu Besuch kam: „Du willst ja nur auffallen.“ Und ich sagte: „Genau!“, und reiste ab.
In der Kunst gründeten Joseph Beuys, Wolf Vostell, und John Cage FLUXUS, eine Kunstrichtung, die nicht den bürgerlichen Geschmack bediente, sondern die radikale schöpferische Idee als Aktion oder Happening in den Mittelpunkt stellte. Parallel dazu entstanden die provokanten Filme der Filmemacher Rainer Werner Fassbinder, Michelangelo Antonioni, Volker Schlöndorff, Roman Polansky und Jean-Luc Godard.
Ich las Erich Fromm, Adorno, Hesses Siddharta und Wilhelm Reich. Ich nahm zwar kein LSD zu mir, rauchte aber Haschisch, probierte auch mal Kokain aus, war aber mit harten Drogen vorsichtig. Die Bücher von Castaneda wie die „Pforten der Wahrnehmung“ eröffneten mir neue geistige Ebenen. Ich sog diese geistige Nahrung auf wie ein Schwamm und war von allem etwas, Hippie, Blumenkind, Vamp, Emanze, politisch bewegte Studentin, schloss mich mit Herz und Verstand begeistert der bewegten Generation an, der ich zugehörte.
Ich rauchte auf der Straße Pfeife, in der Szenekneipe Zigarette mit Zigarettenspitze, schminkte mich blass mit schwarzem flüssigen Lidstrich und tiefroten Lippen und trug ausgefallene phantasievolle Hüte, meist eine alte schwarze Melone mit einem roten Band.
Rodolfo, ich und noch ein Student, Beat, gründeten im Aufwind der Jugendbewegung eine studentische Wohnkommission. In Zusammenarbeit mit der Stadt Basel erhielten wir leer stehende Häuser, die an Studenten zu geringen Preisen vermietet wurden, wir mussten lediglich renovieren. Das erste und schönste Haus nahmen wir uns natürlich selbst. So veränderte sich mein tägliches Umfeld von Grund auf.
Wir lebten nicht mehr als Pärchen in zwei Mansarden neben einander, sondern in einem Haus, zusammen mit vielen anderen Studenten, in einem Haus, dass wir nun komplett nach unserem Geschmack gestalten konnten. Vier Stockwerke bewohnt von ziemlich verrückten jungen Leuten. Ich bekam ein riesiges Zimmer im Erdgeschoss mit einer Tür zum Garten, bemalte meine Möbel blau und unsere Küche rot und schwarz. Dazu hängte ich in dieser Höllenküche Bilder von Hieronymus Bosch auf. Neben mir das Zimmer bewohnte Rodolfo, im ersten Stock wohnten Carina eine sehr liebe Freundin aus Luzern, die mit mir die Schule dort besucht hatte und inzwischen auch in Basel lebte und deren langhaariger Freund. Daneben war ein konservatives und äußerst braves Studentenpärchen mit ihrer Katze eingezogen, das gar nicht in dieses Haus passte und das wir alle furchtbar fanden. Wir belächelten ihre symbiotische Zweisamkeit und gaben uns nicht mit ihnen ab. Wir waren nicht brav!
Die Studentenrevolte und die Literatur, die wir lasen, brachte auf der privaten Ebene die sexuelle Revolution mit sich. Ich lebte zwar nicht in einer Kommune, aber die sexuelle Revolution war mein Ding. Es gab endlich die Anti-Baby-Pille und damit vermeintlich unendliche Freiheit. Was geschehen musste, war nicht mehr aufzuhalten. Rodolfo wurde als Rekrut zum Militärdienst eingezogen. Ich war allein. Noch am selben Tag brach ich ihm die Treue und schlief nur wenige Stunden nach seiner Abreise mit einem seiner besten Freunde, einem Studienkollegen aus der Uni. Der Damm war gebrochen. Von diesem Moment an gingen die Männer bei mir ein und aus. „Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment“. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Fortan wollte ich nichts mehr auslassen, ich wollte die Frau für alle sein.
Eben hatte er gesagt:
Du nimmst alles zu schwer.
Wir standen in einer Tür.
Er drehte den Motorradhelm
in der Hand.
Lange geschah nichts Besonderes, –
bis ich – unvermutet –
einen Schritt machte,
– rückwärts – ,
und den Weg frei gab.
Er stürzte an mir vorbei,
blieb stehen,
drehte sich um,
sagte noch:
Du schiebst mir Verantwortung zu.
Das macht alles so schwer.
Und schon auf der Treppe:
Sei doch froh:
Du hast Arbeit!
Du bist gesund!
Es geht dir doch gut!
Ja, sagte ich.
© Anita Ferraris 1977
Wir stehen neben
nackten Bäumen
und berühren uns nicht.
Ein Vogel fliegt
zu langsam
vorüber.
Unsere Augen
graben sich ein
in jede Stelle
seines Gefieders.
Es schneit
in den Himmel.
© Anita Ferraris – Februar 1978
Auszug aus "Der Umzug" / Die Oma, die Uhren und die Zahlen
Auszug aus meinem Roman „Der Umzug“
Die Oma
Aus der Tiefe kamen die Eindrücke ihrer Kindertage zurück, Bild um Bild. Es entstand vor ihren inneren Augen ein beeindruckender Film, eine Rückblende in die Zeit, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war und ihre innig geliebte Oma vergötterte, obwohl diese in mancher Hinsicht seltsam, krank und für ein Kind sicherlich kein passender Umgang war.
Die Oma hatte mehrere merkwürdige Verhaltensweisen. Zuallererst war sie zwanghaft esssüchtig und dem zu Folge sehr übergewichtig. Sie sammelte zudem leidenschaftlich Uhren. Alle Wände der großen dunklen alten Wohnung waren nebst mächtigen alten Ölbildern mit üppigen Frauenbildern oder Landschaften über und über mit Wanduhren bestückt. Runde, viereckige, goldene und silberne Uhren, Kuckucksuhren, Barockuhren, englische Uhren, französische Uhren. Dazu kamen noch drei Standuhren, zwei braune und eine schwarze. Es tickte und schlug den ganzen Tag. Jeden Morgen machte die Oma die Runde durch alle Zimmer, zog die Uhren auf und korrigierte die Zeit unter Zuhilfenahme ihrer kleinen goldenen Armbanduhr. Miranda hing bei diesem Ritual an ihrem Rockzipfel und war auf diese Art ganz eng mit ihr verbunden. Für Miranda war die Oma so etwas wie der liebe Gott oder besser die Herrin der Zeit, nach der sich alle diese vielen Uhren zu richten hatten. Und wenn Miranda so nahe bei ihr war, war sie ein Teil von ihr und fühlte sich genau so mächtig. In dieser Zeit formte sich eine viel zu enge symbiotische Beziehung, in der Miranda kaum noch als eigenständiges Wesen vorkam und immer mehr mit der Oma auf ungesunde Art zusammenwuchs.
Abends machte die Oma Buchhaltung. Miranda sah, wie sie sich an ihren Schreibtisch setzte und mit gewichtiger Miene das große Heft aufschlug. Sie nahm den Füllfederhalter mit der königsblauen Tinte, ein Lineal, ein Löschblatt und schrieb die Tagesausgaben auf. Ein Brötchen: 28 Pfennige. Ein halbes Pfund Butter: 98 Pfennige. Am Ende wurde alles zusammengerechnet und mit dem Lineal doppelt unterstrichen, mit dem Löschblatt getrocknet und das Buch zugeklappt. Oft saß Miranda still bewundernd hinter ihr und sah nur ihren breiten gewichtigen majestätischen Rücken. Sie wirkte ungeheuer wichtig und majestätisch. Miranda bewunderte sie und hatte ein ehrwürdiges Gefühl und großen Respekt. Sie dachte beglückt und stolz, sie sei eine außerordentliche Person, welche die kleine unbedeutende Miranda auserwählt hatte! Sie allein durfte ihr so nahe sein!
Auszug aus "Der Umzug" / Damit ich dich besser fressen kann!
Damit ich dich besser fressen kann!
Die Oma hatte aber auch andere wunderbare Seiten. Sie war ausgesprochen herzlich, wenn auch berechnend. Sie nahm Miranda in die Arme und drückte sie an ihren riesigen warmen Körper. Sie gab ihr das, was ihre Mutter nicht ausdrücken konnte. Der Preis für Wärme und Liebe war allerdings totale Unterwerfung und das bis hin zu den Existenzbedürfnissen. Miranda und Oma waren ein WIR. Es gab kein ICH und kein DU in dieser Beziehung zwischen Oma und Kind. WIR aßen konstant zu viel, WIR schliefen nachts gemeinsam in einem Bett und WIR bewegten uns wenig. Auch wenn das meistens nicht kindlichen Bedürfnissen entsprach, auch, wenn Miranda immer dicker wurde, zum Leidwesen ihrer Mutter, machte sie mit, weil sie die Wärme so dringend brauchte. Trotzdem sie auf so viel verzichten musste, liebte sie ihre Oma.
Die Oma las Miranda unermüdlich, auch abends vor dem Einschlafen, bis sie einschlief, Märchen und Geschichten vor. Sie tat das mit Inbrunst und mit schauspielerischer Begabung. Hier fand Miranda Ersatz und tauchte beglückt und beseelt in die phantastischen Welten dieser Geschichten ein.
Manchmal las die Oma auch nachmittags vor. Und sie las nicht nur vor, sie tat es mit Inbrunst und mit schauspielerischer Begabung. Sie spielte Miranda die Personen mit verschiedenen Stimmen so plastisch vor, dass dies wohl ihre ersten aufregenden spannenden Theatererlebnisse waren. Wenn sie das Märchen vom Rotkäppchen vorlas, spielte sie den Wolf. Miranda war natürlich das Rotkäppchen, saß auf ihrem Schoß und bebte vor Angst und vor Lust, wenn sie als Rotkäppchen fragte: „Großmutter, warum hast du denn so große Augen?“ Und die Oma sagte mit der unheimlichen Stimme des Wolfes: „Damit ich dich besser sehen kann.“ „Und warum hast du so große Ohren?“ „Damit ich dich besser hören kann.“ „Ja, aber Großmutter, warum hast du denn so ein großes Maul?“ „Damit ich dich besser fressen kann!“ Und dann fiel die Oma wie ein kolossales Monstrum über Miranda her, kitzelte und kniff sie und Miranda schrie in lustvoller Begeisterung und krampfhafter Panik.
Außerdem kochte die Oma gut und gerne und täglich und viel. Es gab meist Hausmannskost, Knödel, Kartoffelpüree, Salat, Schnitzel, Fischkroketten, Heringssalat, Brötchen mit Fleischsalat. Morgens gab es Stückchen vom Bäcker, Schnecken oder Mohnstrudel, nachmittags Kuchen oder Eis, abends dick belegte Brote. Es war eine beeindruckende Küche. Essen war das Mittel gegen alles und wurde pausenlos eingesetzt. Wenn es der Oma oder Miranda nicht gut ging, hatten WIR Hunger und dann mussten WIR natürlich etwas essen. Und es half immer, wenigstens vorübergehend. Bis WIR wieder Hunger hatten. Mit der Zeit merkte die kleine Miranda gar nicht mehr, was sie für eigene Bedürfnisse und Gefühle hatte. Sie spürte ihre Sehnsucht nicht mehr, merkte nicht, wenn sie müde war oder fror, wenn sie traurig war oder wütend. Sie wurde dumpf. So hatte sie schon sehr bald genau dieselbe Essstörung wie ihre Oma. Miranda war ein dickes braves Kind und wurde in der Schule ausgelacht. Sie war ungeschickt und verklemmt im Turnen, konnte sich nicht an den Ringen hochziehen, weil sie zu schwer war und ihr Übername war „Dickerchen“ oder „die Dicke.“ Sie weinte deswegen und erzählte ihrer Oma auf dem Nachhauseweg von der Schule davon und sie sagte ihr, die anderen Kinder seine alle dumm, schlecht erzogen und vor allem Proleten, und tröstete sie mit viel gutem Essen.
Auszug aus "Der Umzug" / Herrin der Schlüssel und der Rituale
Herrin der Schlüssel und der Rituale
Die Oma war nicht nur die Herrin der Zeit, sie war auch die Herrin der Schlüssel und insbesondere der Schlüssel für die Speisekammer. Es war sehr beeindruckend, wie sie auch dabei ihre Macht auskostete. An ihrer dicken Taille gab es einen Gürtel, an dem ein riesiger Schlüsselbund hing. Und alles, aber auch alles, jeder Schrank, jede Schublade in jedem Schrank war abgeschlossen, und sie allein hatte die Schlüssel dazu. Und was die Speisekammer, das Allerheiligste betraf, in der es Regale und Fotoalben und Marmeladengläser und Vorräte aller Art gab, da durfte man überhaupt nicht alleine hinein.
Wenn Miranda zum Beispiel ein Bild malen wollte, musste sie bestimmte Schritte befolgen, um zu den notwendigen Stiften und dem Papier zu gelangen. Das sah dann ungefähr so aus:
„Oma, ich möchte ein Bild malen. Darf ich ein Blatt Papier haben?“ Die Oma, an deren Gürtel dieser dicke Schlüsselbund hing, watschelte majestätisch langsam zu einem Schrank, schloss eine Schublade auf und überreichte Miranda mit gewichtiger Miene einen Bogen Papier. Natürlich vergab sie vorerst nur einen einzigen Bogen. Und unverzüglich schloss sie den Schrank wieder ab. Dann sagte Miranda: „Ich möchte bitte Buntstifte.“ „Welche Farbe möchtest du?“ „Rot.“ Die Oma ging zu einer anderen Schublade, schloss auf, überreichte Miranda mit bedeutendem Blick einen Rotstift und schloss die Schublade wieder ab. Miranda setzte sich hin und malte eine Weile mit dem Rotstift. Dann merkte sie, dass sie auch den Himmel malen wollte. Also ging sie wieder zur Herrin der Schlüssel und bat um einen blauen Stift. Und so ging es weiter. Für jeden Stift, für ein Lineal, für einen Radiergummi, für einen zweiten Bogen Papier, immer erzwang die Oma den gleichen mühsamen ritualisierten feierlichen Ablauf. Das machte das Malen eines Bildes natürlich nicht gerade einfach. Und die Lust wurde zu Frust. Also brauchte Miranda Trost. Das Malen hatte ja Hunger gemacht. Und WIR haben jetzt Hunger, nicht wahr? Und dann bekam sie natürlich etwas zu essen. „Geh doch mal mit dieser Schüssel zum Bäcker,“ sagte die Oma und drückte ihr eine große Glasschüssel in die Hand. Es war der einzige Gang aus dem Haus, den sie Miranda alleine zutraute. Der Bäcker musste die Schüssel mit zwölf bis vierzehn Eisbällchen in verschiedenen Farben anfüllen und oben eine riesige Menge gesprühte Schlagsahne draufmachen. Dann kam Miranda nach Hause und die Oma setzte sich mit ihr in die Küche. Jeder bekam einen Löffel in die Hand und dann aßen beide genüsslich um die Wette. Und sie aßen alles restlos auf. „WIR lassen doch nichts stehen! Das wäre ja Verschwendung!“ Trotzdem gab es natürlich abends ein paar Stunden später ein leckeres Abendbrot, bestehend aus vielen dick belegten Broten. Es waren dick mit Butter und Servelatwurst oder Käse bestrichene Doppeldecker. Und jede aß zwei bis drei davon. Manchmal spielten sie danach noch „Schach“ oder „Mensch ärgere dich nicht.“ Und wenn Miranda verlor, weinte sie, und dann gab es wieder einen Trost in Form von ein bis zwei weiteren Broten.
Auszug aus "Der Umzug" / Ausbruch und Strafe
Gefangenschaft, Ausbruch und Strafe
Gruselig war auch die Tatsache, dass Miranda neun Jahre lang zusammen mit ihrer Oma in einem Ehebett schlief – umgeben von Wänden voller Uhren und schwülstiger Ölgemälde. Das Bett hatte zwar in der Mitte eine Spalte, aber die kleine dicke Miranda und die große dicke Oma schliefen wie Ehepartner dicht zusammen, Rücken an Rücken oder Bauch an Bauch oder Rücken an Bauch. Und das nannte die Oma „Löffelchen.“
Es kam Miranda damals nicht seltsam vor. Es war eben so. Rückblickend war ihr die Erinnerung fremd. Sie hatte kein eigenes Bett und wurde in der Nacht genau wie während des Tages vereinnahmt. WIR schliefen.
Miranda war immer unter Aufsicht und unter Kontrolle. Etwas tief in ihr war zerbrochen. Und so geschah es, dass sie eines Tages nicht wie sonst nach Hause ging. Sie hatte endlich zum ersten Mal einen schönen Kontakt mit einem anderen Schulmädchen und die beiden Mädchen spielten fröhlich zusammen. Das machte so viel Spaß, dass das fremde Mädchen Miranda aufforderte, doch einfach mit ihr nach Hause mit zu kommen, um weiter spielen zu können. Miranda ging, ohne darüber nachzudenken, was sie bei der Oma damit auslösen könnte, mit und fand es in dieser anderen Familie so schön, dass sie blieb. Die Oma war vergessen. Die Eltern des Mädchens waren sehr nett und luden Miranda zum Abendessen ein. Es gab noch andere Kinder und einen Erwachsenentisch und einen Kindertisch, was ein ganz neues beglückendes Erlebnis für Miranda war. Ganz viele Menschen saßen zusammen und sprachen und lachten und aßen. So eine Situation war für Miranda absolut neu und wunderschön. Die Zeit verging schnell und mühelos. Miranda fühlte sich glücklich, fast ein bisschen wie im Paradies. Zum ersten Mal erlebte sie ein alltägliches Familienleben, so wie andere Familien es täglich teilten. Nach dem Essen durften die Kinder wieder spielen, und das taten sie auch. So wurde es langsam dunkel. Miranda hatte keinen Moment das Gefühl, irgendetwas falsch zu machen. Sie verlor sich einfach nur in Glückseligkeit, – bis es klingelte.
Ihre Oma stand vor der Tür, wutentbrannt, vollkommen außer sich, schreiend und mit hochrotem Gesicht. Sie hatte Miranda durch die Polizei suchen lassen, als vermisst gemeldet, hatte alle Eltern der Schule und die Schulleitung angerufen. Und da stand sie nun und ohrfeigte Miranda, schrie das wiedergefundene Kind an und zog es an den Haaren. Die Eltern des Mädchens versuchten entsetzt, die außer sich geratene Frau zu beruhigen, aber sie beleidigte und beschimpfte sie und zerrte Miranda die Treppe hinunter.
Es folgte eine schreckliche Woche. Jeden Tag wurde Miranda mit Schlägen auf ihr Hinterteil bestraft und mit Vorwürfen überhäuft. Sie könne doch nicht einfach weglaufen! Frankfurt sei eine Stadt voller Verbrecher! Es hätte ihr ja sonst was passieren können! Kleine Mädchen würden massenweise vergewaltigt und umgebracht! Die Schläge und Vorhaltungen wurden ritualisiert. Miranda musste ihre Hose herunterziehen und die Oma schlug sie mit dem Teppichklopfer. Es tat eigentlich nicht besonders weh, da die Oma keine Kraft hatte und schnell außer Atem kam, aber es war ungerecht und entwürdigend. Was hatte Miranda schon getan? Ein einziges Mal war sie ihrem Freiheitstrieb gefolgt. Nun musste sie sich tausendmal entschuldigen und tausendmal schwören, dass sie so etwas nie wieder tun würde. Der Sklave war erneut eingefangen, wurde bestraft und in noch engere Ketten gelegt. – So kam es, dass dies das einzige Familienerlebnis aus Mirandas Kinderzeit blieb, bis sie neun Jahre alt wurde.
Auszug aus "Der Umzug" / Der Umzugshelfer
Auszug aus meinem Roman „Der Umzug“
Der Umzugshelfer
„Ich bin in fünf Minuten da”, sagte er und legte auf. Er war eine Stunde zu früh. Hatte er nicht zugehört? Sie beugte sich mit dem Handy in der Hand aus dem Fenster und sah ihn kommen: Sollte er das sein? Ein großer auffallend attraktiver junger Mann, muskulös, mit dem Gang eines Tigers, bewegte sich mit geschmeidigen, sanften, kraftvollen Schritten der Straße entlang auf ihr Haus zu. Sein Blick prüfte nicht suchend, eher Besitz ergreifend, scheinbar gleichgültig, dennoch scharf beobachtend die Umgebung, was die schwarzen Locken, die sein Gesicht umrahmten, in eine federnde Bewegung brachte. Sie sah das Raubtier in ihm und war sofort verzaubert. Er näherte sich. Meine Güte! Was für ein gut aussehender Typ!
Und was für ein Körper, – eine Mischung aus Eleganz und Primitivität, von Kopf bis Fuß trainiert, – kein Muskelprotz, nein, der energiegeladene Körper eines geübten Jägers, einer großen schwarzen Katze, ausgesprochen imponierend, umwerfend männlich und herausfordernd erotisch.
War er das? Er sah genauso aus wie der Mann auf ihrem Bild! Das Bild in dem goldenen Rahmen. Sie hatte ein Paar gemalt. Eine Frau in Rot, begleitet von einem Mann in Schwarz mit schwarzen Locken. Ja, das war der Mann, den sie gemalt hatte. Nein, das war nicht zu fassen, das war unmöglich! War das Bild lebendig geworden? War der Mann leibhaftig aus dem Bild gestiegen und suchte sie heim? Sie hielt den Atem an. Es klingelte. Sie öffnete die Tür, da stand er, näherte sich behutsam, betrat ganz ruhig ihre Wohnung und sah sie an. “Guten Tag”, sagte er, “ und da sie nichts sagte, – “was soll ich tun?”- Sie war einen Moment still, fand keine Worte, dann sagte sie: “Ja, – irgendwie, – sie kommen eine Stunde zu früh, – ich hatte ihnen doch gesagt, dass ich nicht davon würde Gebrauch machen können, – von dieser früheren Zeit, – aber, – nun sind sie ja da, – “Ja”, sagte er und gleich fügte er hinzu: ”Und wie machen wir das mit dem Geld?” “Kein Problem”, sagte sie, “wir regeln das, – wir nutzen die Stunde… Bitte kommen Sie herein”. Sie bot ihm einen Platz an. “Also, – sie hatten am Telefon gesagt, dass sie auch Umzüge organisieren, und ich werde demnächst umziehen. Besser gesagt, ich muss ausziehen. Ich habe noch gar keine neue Wohnung. Aber ich werde auf jeden Fall umziehen. Ich bin in einer schwierigen Situation. Äußerst schwierig. Eine Nachbarin macht mir das Leben zur Hölle. Ich brauche Hilfe. “Warum erzählte sie ihm das alles? “Ja,” sagte er, “ich organisiere auch Umzüge”. “Das ist wunderbar. Sie schickt der Himmel!”, hörte sie sich sagen. Er hatte die elektrisierende Stimme einer schnurrenden Raubkatze. Es war schön, dieser dunklen Stimme zu vertrauen, die wie ein sanftes aber bestimmtes und verlangendes Streicheln ihre Haut liebkoste und sie umfing wie ein Umhang aus dunkelrotem Samt. “Wo kommen Sie jetzt her?”, fragte sie. “Aus Düsseldorf”, sagte er. “Ach, – wohnen sie in Düsseldorf?” “Nein”, sagte er, ”ich wohne in Moers”. “In Moers – ach…” Sie zuckte zusammen: Das hatte der Heiler ihr prophezeit, sie würde einem Mann begegnen und mit ihm in einem Haus in Moers wohnen, in einem Haus mit einem spitzen Dach, einem roten Haus. “Sagen Sie mal, dieses Haus in dem sie wohnen, – nur so, es interessiert mich, – hat es zufällig ein Spitzdach?” “Ja”, sagte er. – “Ach, – und ist es rot?” “Nein”, sagte er, “es ist weiß, aber es war früher rot”. “Oh.” – Sie schwieg. Er fragte nicht nach, warum sie diese eigenartigen Fragen gestellt hatte. Sie war froh, dass er nicht fragte. Sie sahen einander lange an. Sie versuchte, das Gespräch in Gang zu halten, und fragte ihn, was er denn eigentlich studiere. “Ich studiere Sozialwissenschaften”. “Ah”, sagte sie, und sie versank dabei in seinen unergründlichen dunklen Augen, “ interessant!” “Nein, nein, ich studiere nicht mehr so viel,”sagte er,” ich verdiene mehr mit diesen Gelegenheitsarbeiten. Man wird ja sowieso keine lohnenswerte Arbeit finden mit einem Soziologiestudium, damit lässt sich ja nichts verdienen”. Sie stimmte ihm zu. Er lächelte. Ihr Herz stolperte, ihr Puls beschleunigte sich. Er atmete deutlich schneller. Seine schwarz Pupillen vergrößerten sich. Sie waren sich mehr als sympathisch, waren sich so nahe, als würden sie sich seit Jahren kennen. War es ein Wiedererkennen? Ja, auf einmal wusste sie es, dass sie immer schon ein Paar gewesen waren. Sie hatten sich in vielen Leben geliebt, nun hatten sie sich wieder gefunden. Es klingelte. ”Oh!, sagte sie “jetzt kommen gleich die anderen”. “Ja”, sagte er. “Sie sah ihn an. “Das ist so interessant mit ihnen zu sprechen, irgendwie ist das ungewöhnlich, das ganze Gespräch ist ungewöhnlich”. “Ja,” – pflichtete er ihr bei, “es ist wirklich ungewöhnlich.” Sie zögerte einen Augenblick, dann sagte sie: “Ach… wollen wir uns nicht duzen?” “Ja, gerne, ich heiße Leo”, sagte er. “Miranda,” sagte sie sehr schnell, und auf einmal war fast alles möglich. Es klingelte noch einmal. Sie ging zur Tür.
Bevor sie die Tür öffnete, sagte er: “Ich komme nachher noch einmal vorbei, wenn du möchtest. Ich wollte dich bitten, ob ich mir bei dir ein paar Plastikflaschen mit Wasser abfüllen darf. Mein Auto hat ein Problem mit der Kühlung. – Und wir könnten uns noch ein bisschen unterhalten, wenn du möchtest.“ Ja gerne”, sagte sie, “dann können wir noch weiter sprechen über den Umzug.”… Es dauerte nicht lange, bis er zurückkam.
Auszug aus "Der Umzug" / Das schwarze Tier
Auszug aus meinem Roman „Der Umzug“
Das schwarze Tier
Ich glaube, meine kleine Seele war sehr früh schon so verzweifelt, dass ich mir bald schon überlegte, wieder ins Licht zurückkehren zu wollen. So kam es zu einem sehr frühen Nahtoderlebnis. Mit zweieinhalb Jahren war ich auf der Kippe zwischen hier und drüben und hätte dieses Erdenleben schon fast wieder verlassen. Wir hatten einen Schrebergarten, in dem wir die Wochenenden bei schönem Wetter verbrachten. Es war einer dieser schönen Tage und ich hatte mich mit Obst voll gestopft, das auf den Bäumen hing, unter anderem mit Zwetschgen. Irgendwie muss ich einen großen Zwetschgenkern verschluckt haben. Und der landete in meinem Blinddarm. Mit der Zeit bekam ich Bauchweh, ich jammerte. Aber niemand hörte auf mich. Erst als ich schrie, fuhren wir nach Hause und unser Hausarzt, der im gleichen Haus in Frankfurt wohnte, untersuchte mich. „Das Kind hat eine Blinddarmentzündung. Sie muss ins Krankenhaus.“ Im Taxi zum Krankenhaus übergab ich mich. Meine Mutter schrie, meine Oma und ich auch. Es war eine Höllenfahrt. Im Krankenhaus angekommen, wurde ich direkt als Notfall in den OP gebracht. Der Blinddarm war durchgebrochen, höchste Lebensgefahr bei einem so kleinen Kind. Ein Arzt spritzte Penicillin. Dass ich eine Allergie dagegen hatte, wusste niemand. Und so reagierte ich mit Herzstillstand. Das Kind ist tot. Exitus. Meine Mutter verließ den Raum. Die Ärzte begannen zu reanimieren. Ich war längst schon unterwegs in eine andere Wirklichkeit. Ich sah das Zimmer, die Uhr, die weißen Kacheln. Meinen kleinen Körper auf dem Bett, die herumeilenden hektischen Ärzte und Schwestern. Ich lag auf einer Art Rutsche und rutschte durch einen langen Tunnel in ein helles weißes Licht hinein. Nun war ich angekommen. Ich machte ein paar unbeholfene Schritte ins Licht, hatte jedoch kaum noch Schwerkraft. Meine Bewegungen waren leicht. Ich hatte keine Gefühle, nur Staunen. Alles war hell und weiß. Die Welt bestand aus einer Art Styroporkügelchen, Schneeflöckchen, Lichtpartikeln. Die Materie sah aus wie bei den Impressionisten. Lichtteilchen. Ich schwebte eher, als dass ich ging auf einen Hügel, ich wollte gerne mal auf die Erde blicken. Da sah ich Felder und Wälder und Städte unter mir liegen. Es war weder schön noch schrecklich. Es war einfach, wie es war. Unbeschreiblich einfach. Langsam verließ mich der Rest der Schwerkraft. Um mich war Licht, eine Art Flügel. Ich schwebte bereits etwa zwanzig Zentimeter über dem Boden. Dann ging alles sehr schnell. Ein schwarzes Tier halb Schlange halb Panther wickelte sich um meine Unterschenkel und zog mich wieder auf den Boden. Ich fühlte einen schrecklichen Schmerz im Herz, ich schrie. Die Ärzte hatten mir eine Spritze ins Herz gegeben und reanimierten. Schmerzen, fürchterliche Schmerzen. Ich lag wieder im Krankenhaus auf dem Bett.
Nach wie vor hatte ich einen Blinddarmdurchbruch und schwebte in Lebensgefahr. Ich bekam also eine Spritze ins Rückenmark und wurde bei Bewusstsein operiert. Neben mir saß eine Schwester, hielt meine Hand und erzählte mir mit Märchentantenstimme eine unsägliche Geschichte von der Biene Maja. Gleichzeitig sah ich, wie Ärzte sich um meinen Unterleib scharten und mit blutigen Scheren und Geräten hantierten, hektisch und in heller Aufregung. Wollten sie mich alle für dumm verkaufen? Ich fühlte zwar keine Schmerzen mehr, aber ich sah doch, was passierte. Warum sollte mein Oberkörper nicht mitbekommen, was mit meinem Unterleib geschah. Ich fühlte mich erneut belogen und betrogen und war entsetzt. Allerdings haben mir diese Ärzte das Leben gerettet. Heute bin ich dankbar. Damals war ich es nicht.
Auszug aus "Der Umzug" / Paso Doble
Auszug aus meinem Roman „Der Umzug“
Paso Doble
Ich war inzwischen ein begeistertes Mitglied des Studententheaters, nicht nur weil ich eine fast grenzenlose Liebe zum Theater hatte. Jean, der äußerst attraktive Leiter und Regisseur des Studententheaters hatte es mir angetan. Er war groß, ungewöhnlich gut aussehend, hatte eine hinreißende Stimme, braune Augen, wunderschöne Hände, einen geschmeidigen Raubtiergang, Charme, Intelligenz, Kreativität, Phantasie, flirrende Lebendigkeit und Sinnlichkeit. Er war der aufregendste und erotischste Mann, der mir bisher begegnet war, und er war ganz anders als mein erster Freund. Er hatte lange dunkle lockige Haare, trug Stirnband, Zopf oder Hut, schwarze Kleidung und lange Mäntel aus Leder. Irgendwie erinnerte er mich an einen schwarzen Panther, mein Lieblingstier aus meiner Kindheit. Zum ersten Mal – endlich – verliebte ich mich wieder – und zwar total. Ich war vollkommen hingerissen.
Eines Abends nach einer Probe landeten wir mit einer größeren Gruppe in einer kleinen Diskothek. Wir tanzten, und irgendjemand kam auf die Idee, einen Besen herum gehen zu lassen. So kam es, dass ich plötzlich ihn als Partner hatte. Genau in diesem Augenblick legte jemand einen Paso Doble auf. Wir sahen uns in die Augen, begannen zu tanzen und die Welt um uns versank. Es gab nur noch uns und diesen absolut leidenschaftlichen feurigen Tanz. Die Paare um uns herum spürten sofort, dass hier etwas Besonderes geschah. Sie hörten auf zu tanzen und standen im Kreis, den Rhythmus klatschend, um uns herum. Sie feuerten uns an und wir gingen mit. Am Ende lag er auf den Knien vor mir, ich stand, den einen Arm eingestützt, den anderen Arm hoch und siegreich erhoben über ihm und unsere funkelnden Augen hatten sich in einander verfangen. Eine Sekunde später stürzte er hinaus.
Ich war verwirrt über sein Verhalten, wusste aber sofort, dass dieser Mann in meinem Leben eine bedeutende Rolle spielen würde. Es war auch in der Tat der Beginn einer leidenschaftlichen wunderschönen, verrückten wenn auch schwierigen Liebesgeschichte, die sich allerdings nicht so entwickelte, wie ich es mir gewünscht hätte und die sich auch niemals für mich erfüllte, – die mir aber unendlich viel Glück, Sehnsucht, Schmerz, Liebestaumel und Lebendigkeit schenkte. Als wir uns kennen lernten, war er noch verheiratet, somit vergeben, aber das war mir erst einmal egal. Mein Gefühl war zu stark und riss mich gegen alle Vernunft mit sich. Er war ein Mann, der mit seiner charismatischen Ausstrahlung von vielen Frauen begehrt war. Er zog mich magnetisch an und mir war klar, dass auch er Feuer gefangen hatte.
Auszug aus "Der Umzug" / Wunderlampe und Elfenstaub
Wunderlampe und Elfenstaub
Als ich selbst lesen konnte, plünderte ich die Bibliothek. Die Bücher öffneten mir Räume und Parallelwelten, in die ich so oft ich konnte, eintrat. Ich las alles, was mir in die Finger kam, Märchen, Sagen, Tierbücher, sämtliche Romane von Karl May, alle Stücke von Schiller, Balladen und Gedichte, einfach alles. Ich träumte mich weg aus der Einsamkeit. In diese Geschichten rettete ich mich, wie ein im Ozean Versinkender sich an ein Stück Treibholz klammert, um zu überleben.
Mit sechs Jahren hatte ich mein erstes einschneidendes Theatererlebnis. Das erste Theatererlebnis war das Märchen „Aladin und die Wunderlampe“. Ich kann mich sehr gut an den Flaschengeist und an den Ringgeist erinnern. Der Ringgeist hieß sinnigerweise Ringeling und war rot und dünn. Der Flaschengeist war dick und grün. Wenn Aladin an der Lampe rieb oder am Ring, tauchten die Geister auf und erfüllten Wünsche. Ich war von diesem Zauber überzeugt und von daher war das Theater für mich der Ort, an dem Wunder und Zauberei möglich waren. Fortan rieb ich wochenlang an allen möglichen Metallteilen, um herauszufinden, ob wir nicht vielleicht doch irgendwo so eine Wunderlampe besaßen.
Überhaupt hatte ich mit etwa sieben Jahren beschlossen, Zauberer, Dompteur oder Pfarrer zu werden. Ich übte mit meinen Steifftieren. Sie saßen als Tiger um mich im Kreis und ich schwang die Peitsche. Oder sie saßen in Reih und Glied vor mir und ich hielt eine Predigt. Oder aber ich zauberte ihnen Zauberkunststückchen vor, denn auf meinen Wunsch hin hatte ich einmal zu Weihnachten einen Zauberkasten geschenkt bekommen. – Bevor diese Berufswünsche in mir reiften, hatte ich den Wunsch, König zu werden.
Ein König konnte nämlich machen, was er wollte – im Gegensatz zu mir. Also, ein höchst erstrebenswerter Beruf. Aber mit der Zeit fand ich den Beruf des Zauberers, Pfarrers oder Dompteurs aufregender. Auch die Räume, in denen diese Menschen sich bewegten, waren faszinierend, die Zirkusmanege, die Kirche oder das magische Haus des Zauberers. Und erst die Berufskleidung! Schon bald entdeckte ich, dass der Pfarrer ein majestätisches schwarzes Gewand trug, der Dompteur in der Manege etwas Schillerndes und der Zauberer einen spitzen Hut mit Sternen und magischen Zeichen bedeckt und einen ebenso gestalteten wunderschönen Zauberermantel, innen rot und außen dunkelblau und mit goldenen Sternen besetzt.
Da ich fest an Zauberei glaubte, hatte ich ebenfalls mit etwa sechs Jahren entdeckt, wie ich fliegen konnte. Wir hatten ein altes Grammophon und vier Platten mit der Geschichte von „Peter Pan“. Ich hörte sie immer wieder und passte bei der Stelle sehr genau auf, an der es um den Elfenstaub ging, den die Elfe „Naseweis“ benutzte, damit die Kinder fliegen konnten. Man brauchte diesen Elfenstaub nur über Kopf und Körper zu streuen, und schon ging es los. Aber wo konnte man diesen magischen Elfenstaub her bekommen? Ich grübelte. In der Weihnachtszeit kam mir der geniale Gedanke, dass es sich nur um den Glitzer auf dem Adventskalender handeln konnte. Als das letzte Fenster also geöffnet war, bat ich die Oma darum, den Kalender haben zu dürfen, kratzte dann den Glimmer vom Kalender und verwahrte ihn in einer leeren Streichholzschachtel. Hinter dem Haus gab es eine kleine Treppe mit drei Stufen. Ich stellte mich auf die oberste Stufe, streute den Staub über mich, schloss fest die Augen, glaubte an ein Wunder und sprang. Dazu rief ich laut: „Ich kann fliegen!“ Allerdings funktionierte das noch nicht ganz so richtig. Der Flug ging ja immerhin nicht sehr weit und immer nur nach unten. Das konnte meiner Ansicht nach aber nur daran liegen, dass es eben noch nicht genug „Elfenstaub“ war. Und so sammelte ich weiter, jedes Jahr. Und ich steigerte entsprechend auch meine Flugversuche, indem ich im Treppenhaus bis zu fünf Stufen springen lernte. Sicher war ich nicht, ob das schon das richtige Fliegen war, aber ich hätte niemals meine Glauben an Wunder und Zauberei aufgegeben.
Kunst
Studium der Kunstgeschichte
Malerei
Theater
Therapie
Ausbildung Tiefenpsychologische Körpertherapie
Ergänzende Weiterbildungen und inspirierende Begegnungen:
Astrologie
Astrologische Ausbildung in Psychologischer Astrologie
Weiterbildungen:
Theater
1973 – 75 Schauspielakademie Zürich, Schauspielklasse
1975 Schauspielhaus Zürich Regieassistenz bei Max Peter Ammann
1975 – 76 Schweizer Fernsehen DRS in Zürich Regieassistentin bei Max Peter Ammann
1977 Schauspielhaus Zürich Regieassistenz bei Harry Buckwitz
1977 – 79 Stadttheater Pforzheim Regieassistenz (Intendant von Manfred Berben)
1978 Berliner Theatertreffen, Einladung vom Forum junger Bühnenkünstler
1978 Strasberg – Training bei Walter Lott, Actor‘s Studio New York
1979 Strasberg – Training in Paris Walter Lott + Dominik de Fazio (Actor‘s Studio New York)
1984 Köln Vertiefung der Strasberg – Methode mit Walter Lott
1984 Ausbildung zur Strasberg – Trainerin Zakinthos, Griechenland Supervision Walter Lott
1991 WDR Köln, Abteilung Hörspiel Hospitanz Klaus Mehrländer (Leitung Produktion Wort/Regie/WDR)
seit 1982 u.a. bei
Joh. Gutenberg – Universität Mainz, Institut für Theaterwissenschaft
Volkshochschule Köln – Rodenkirchen
„Kunststück e.V.“, Hamburg
Bezirksarbeitsgemeinschaft Darstellendes Spiel im Regierungsbezirk Münster e. V.
Landschaftsverband Paderborn
RAST Rheinische Arbeitsgemeinschaft für Spiel und Theater Köln e.V.
1975 Trainerin für Rolle und Improvisation Universität Zürich Studententheater
1982 Workshops Strasbergtraining Schauspielstudio Hamburg (Leitung Hildburg Frese)
1982 – 84 Schulleiterin und Dozentin Bereich Schauspiel Theater Deutzer Freiheit TDF und Schauspiellehrwerkstatt Köln e.V.
1994 – 96 Schulleiterin und Dozentin Bereich Schauspiel Schule des Theaters „Der Keller“ in Köln
1999 Dozentin für Szenen- und Rollenstudium Theaterakademie Köln
2006 Dozentin für Grundlagenunterricht Schauspiel / Fachbereich 3 an der Musikhochschule Köln
2007 Dozentin für Schauspielunterricht an der Alanus Hochschule, Alfter
1980 „Fräulein Julie“ von August Strindberg TDF / SLW Schauspiellehrwerkstatt e.V. Köln
Bearbeitung, Regie und Ausstattung
1980 „Sennentuntschi“ von Hansjörg Schneider, TDF /SLW e.V. Köln/ Schweizer Kulturmonate in Köln
Regie und Ausstattung
1995 „Der Geburtstag der Infantin“ nach Oskar Wilde mit den Schülern der Schule des Theaters „Der Keller“
Uraufführung der Textbearbeitung, Regie und Ausstattung
1998 „Drei Schwestern“ nach Anton Tschechow, FWT Köln, Projekt im Rahmen der RAST
Bearbeitung und Regie
1999 „Von der verzweifelten Liebe“ nach Szenen von F. G. Lorca FWT Köln Projekt im Rahmen der RAST
Bearbeitung und Regie
„Warten auf Godot“ nach Samuel Beckett, FWT Köln Projekt im Rahmen der RAST
Bearbeitung und Regie
2000 „Leonce und Lena“ nach Georg Büchner, FWT Köln Projekt im Rahmen der RAST i
Bearbeitung und Regie
2002 „Sehnsucht“ Gedichte + Szenen Goethe, Eichendorf, Schiller, Rilke u.a., FWT Köln Projekt im Rahmen der RAST
Bearbeitung und Regie
1982 – 84 Theater Deutzer Freiheit
Gründung und Co-Leitung (im 3-er Team) des TDF und der SLW Schauspiellehrwerkstatt e.V. in Köln
Regisseurin, Dozentin + Vorstand des Vereins der Schauspiellehrwerkstatt e.V.
1991 „Atlantis Theater e.V.“
Gründung, Leitung, Regie + erste Vorsitzende des Atlantis Theater e.V. in Köln
1993 Frauenkulturbüro NRW e.V. in Krefeld
Künstlerische Beraterin + Recherchen für das Handbuch: „Künstlerinnen in NRW“
1996 „Sichtweisen – Frauen führen Regie“, Theaterfestival NRW in Köln
Beauftragt vom Kultusministerium NRW mit der künstlerischen Leitung und Ausrichtung des Festivals
1994 Berufung an das Theater Der Keller in Köln
als Intendantin und Leiterin der daran angeschlossenen Schauspielschule
1997 Vorjurymitglied für den Künstlerinnenpreis des Landes NRW in der Sparte Theaterliteratur
1975 „O Vater, armer Vater, Mutter hing dich in den Schrank, und ich bin so krank“ von Arthur Kopit, Keller 62, Zürich
Bearbeitung, Regie und Ausstattung.
1977 – 79 Stadttheater Pforzheim (Leitung Manfred Berben),Regieassistentin und Regisseurin mit Mitspielverpflichtung
(13 Regieassistenzen, 4 Inszenierungen)
„Die Schöne und das Biest“ nach N. Stuart Gray
Bearbeitung und Regie
„Clowns – Clowns – Clowns“ nach Tristan Rémy u.a.
Clownsszenen, Zauberer, Feuerspuckerin u.a. auf dem Thespiskarren als Spektakel auf Marktplätzen
Regie und Darstellerin des Zirkusdirektors
„Bezahlt wird nicht“ von Dario Fo
Regie
„Drei Fastnachtsspiele“ von Hans Sachs auf dem Theaterwagen
Bearbeitung, Regie und Hauptrolle: Till Eulenspiegel.
Seit 1979 frei arbeitend im deutschsprachigen Raum mit über 60 Inszenierungen für Theater – und Hörfunk. Seit 1983 auch Ausstattungen (Bühnenbild und Kostüm), seit 1978 Bearbeitungen von literarischen Vorlagen für Theater und Hörfunk.
1979 „Der kleine Bär und seine Freunde“ von Peter Ustinov, WLT in Castrop-Rauxel (Leitung Herbert Hauck)
Regie
„Kannst du zaubern, Opa“ von Volker Ludwig, WLB Esslingen (Leitung Achim Thorwald)
Regie
„Ein Fest bei Papadakis“ von Volker Ludwig, Stadttheater Pforzheim
Regie
1980 „Wir sind noch einmal davongekommen“ von Thornton Wilder, WLT Castrop–Rauxel (Leitung Herbert Hauck)
Co-Regie mit Jost Krüger
„Langfinger“ vom Theaterkollektiv „Die Birne“, WLT in Castrop-Rauxel
Regie
„Die Kleinbürgerhochzeit“ von Bert Brecht, Stadttheater Luzern (Leitung Hans-Peter Ambauen)
Regie
1981 „Nepal“ von Urs Widmer Theater Der Keller (Leitung Christiane Bruhn)
Regie
1983 „Fräulein Julie“ von August Strindberg, Theater Deutzer Freiheit in Köln
Regie, Bearbeitung und Ausstattung.
1983 „Sennentuntschi“ von Hansjörg Schneider, Theater Deutzer Freiheit in Köln
Regie und Ausstattung
1985 „Jochen und Inge“ von G. Theobald, Schloßtheater Moers (Leitung: Holk Freytag)
Regie
1985 „Mercedes“ von Thomas Brasch, Theater in der Tonne in Reutlingen (Leitung Volker Jeck)
im Kesselhaus einer alten leer stehenden Papierfabrik
Regie und Ausstattung
1985 „Du bist meine Mutter“ von Joop Admiral, Staatstheater Kassel ( Leitung: Manfred Beilharz)
Regie
1986 „Bis zum Äußersten“ von W. Mastrosimone, Stadttheater Hildesheim (Leitung: Pierre Léon)
Regie
1986 „Die Fremdenführerin“ von Botho Strauß, Wolfgang Borchert Theater in Münster (Leitung: W. Rommerskirchen)
Regie und Ausstattung
1986 „Gust“ von Herbert Achternbusch, Staatstheater Kassel ( Leitung: Manfred Beilharz)
Regie
1987 „Quartett“ von Heiner Müller, Wolfgang Borchert Theater in Münster (Leitung: W. Rommerskirchen)
Regie und Ausstattung
1987 „Du bist meine Mutter“ von Joop Admiral, Deutsches Theater Göttingen (Leitung: Heinz Engels)
Regie
1988 „Heute abend Lola Blau“ von Georg Kreisler, Wolfgang Borchert Theater in Münster (Leitung: W. Rommerskirchen)
Regie und Ausstattung
1988 „Kein Ort. Nirgends“ von Christa Wolf, Stadttheater Wilhelmshaven (Leitung Georg Immelmann)
Uraufführung der Dramatisierung, Regie und Ausstattung
1988 „Das Liebeskonzil“ von Oskar Panizza, Wolfgang Borchert Theater in Münster (Leitung: W. Rommerskirchen)
Regie und Ausstattung
1989 „Geschlossene Gesellschaft“ von Jean Paul Sartre, Deutsches Theater in Göttingen (Leitung Heinz Engels)
Regie
1989 „Fazz und Zwoo“ von Ken Campbell, Deutsches Theater in Göttingen (Leitung Heinz Engels)
Regie
1990 „Minna von Barnhelm“ von Gotthold Ephraim Lessing, Comedia Colonia in Köln (Leitung Klaus Schweizer)
Regie und Ausstattung
1990 „Amphitryon“ von Heinrich von Kleist, Staatstheater Braunschweig (Lng: Mario Krüger)
Regie
1990 „Das Trollkind“ von Selma Lagerlöf, Staatstheater Braunschweig
Regie
1991 „Der Karakal“ von Judith Herzberg, Staatstheater Mainz, szenische Lesung Mainzer Theaterfestival „contact 91“
Regie
1991 „The happy family of Macbeth“ nach Heiner Müller/Shakespeare, TIB Frankfurt am Main (Lng: Werner Andreas) Atlantis Theater
Bearbeitung, Regie und Ausstattung
1992 „Kaiser des Anfangs“ P.J.Marthé/Anita Ferraris, Theater im Pumpenhaus Münster (Lng: Ludger Schnieder) Atlantis Theater
Uraufführung Regie, Buch und Ausstattung: Anita Ferraris, Musik: Peter Jan Marthé,
1992 „Über das Marionettentheater – ein Kleistprojekt“ nach H. von Kleist, Martin Luther Kirche in Köln, Atlantis Theater
Dramatisierung, Regie und Ausstattung
1993 „Der Sandmann“ nach E.T.A.Hoffmann, Orangerie im Volksgarten Köln, Atlantis Theater
Uraufführung, Bearbeitung, Regie und Ausstattung, nominiert für den Kölner Theaterpreis 1993
1994 „Grindkopf“ von Tankred Dorst Theater „Der Keller“ in Köln, Eröffnungspremiere
Regie und Ausstattung, ausgezeichnet mit dem Kölner Theaterpreis 1994
1995 „Top Girls“ von Carol Churchill, Theater „Der Keller“ in Köln
Regie und Ausstattung
1995 „Der Geburtstag der Infantin“ nach Oskar Wilde, Theater „Der Keller“ in Köln
Uraufführung, Regie und Ausstattung, nominiert für den Kölner Theaterpreis 1995
1996 „Des Meeres und der Liebe Wellen“ Franz Grillparzer, Theater „Der Keller“ in Köln,
Eröffnungspremiere Festival „Sichtweisen – Frauen führen Regie“
Regie und Ausstattung, nominiert für das Festival „Theaterzwang 1996“ in Dortmund
1996 „Die Stärkere“ Szenen Strindberg, Achternbusch und August Stramm, Titelsong von Constanze Krämer „Beton“, Theater „Der Keller“ in Köln
Dramaturgie, Regie und Ausstattung
1996 „Der Karakal“ von Judith Herzberg, Theater „Der Keller“ in Köln
Regie und Ausstattung
1996 „Neapolitanische Bescherung“ von Eduardo de Filippo, Freies Werkstatt Theater Köln (Leitung Ingrid Berzau und Dieter Scholz)
Regie und Ausstattung
1997 „Das Käthchen von Heilbronn – ein Kleistprojekt“ nach Heinrich von Kleist, Atlantis Theater/FWT, Köln
Bearbeitung, Regie und Ausstattung
1997 „Mistero buffo“ von Dario Fo, Clingenburg Festspiele (Leitung Udo Schürmer), Klingenberg am Main
Regie
1998 „Lulus Träume aus der Büchse der Pandora-ein Wedekindprojekt“, Orangerie im Volksgarten Köln, Atlantis Theater
Uraufführung der Bearbeitung, Regie und Ausstattung
1998 „Denn wie man sich bettet, so liegt man..“ Lieder von Bert Brecht mit Mascha Blankenburg, Susanne Bredehöft, Carmen Daniel
Wollager des rheinisches Industriemuseums in Euskirchen, Internationale bergische Musikfestwochen
Regie
1999 „Penthesilea – ein Kleistprojekt“ nach Heinrich von Kleist, Freies Werkstatt Theater Köln Atlantis Theater/ FWT
Bearbeitung, Regie und Ausstattung
1999 Die Marquise von O.“ von Heinrich von Kleist, Kunstraum Renée Blume, Köln
Lesung. Regie und Raumgestaltung
2000 „Out of Silence“ Tanztheater-Musik-Performance von und mit Gerlind O. Schweppe, Martin Luther Kirche Köln
Dramaturgische Mitarbeit
2001 „Der goldene Topf“ nach E.T.A. Hoffmann, Atlantis Theater, Orangerie im Volksgarten Köln
Uraufführung der Bearbeitung, Regie und Ausstattung
2001 „Die Sterne von San Lorenzo“ von Roberto Frabetti, ZENO Theater, Alte Feuerwache Köln
Regie
2002 „Madame Kuh und das Q.“ ZENO Theater, Freies Werkstatt Theater Köln
Gemeinschaftsprojekt Beimbauer/ Ferraris/ Herzing
2002 „Ver-handlungen“ Performance, Theater im Ballsaal Bonn
Regie und Mitwirkung
2006 „Wer leuchten will, muss brennen“, Jeanne d’Arc, ein Projekt, Orangerie im Volksgarten Köln, Atlantis Theater
Uraufführung der Bearbeitung, Regie und Ausstattung
2008 „Risotto all’italiana“ von und mit Luciana Caglioti, Arkadas Theater – Bühne der Kulturen Köln
Szenische Einrichtung
1992 „Lust auf Ortswechsel“ von Jelena Gremina, russisches Hörspiel WDR Köln / Regie
1992 „Fast ein Wunder“ von H. Aksoy, türkisches Hörspiel WDR Köln / Regie
1992 „Der Papagei und der Psychotherapeut“ von Leonardo San Guerdoro, italienisches Hörspiel WDR Köln / Regie
1993 „Souvenirs, Souvenirs..“ von Fruttero / Lucentini, italienisches Hörspiel WDR Köln, Uraufführung
mit: Otto Sander, Peter Simonischek und Hannelore Hoger / Regie
* nominiert für den Kurd Laßwitz Preis in der Kategorie: „Bestes Hörspiel 1993“
1993 „Die falsche Geliebte“ von A. Voigt, Hörspielkrimi WDR Köln / Regie
1994 „Efterpi und die Ziege“ von G. Tsalikis, griechisches Hörspiel WDR Köln/ Regie
1996 „Der Virtuose“ von Margriet de Moor WDR Köln / Hörspielbearbeitung und Regie
1996 „Paradiesquartett“ von Tschiladse, georgisches Hörspiel WDR Köln / Regie
1997 „Ponykurier“ von Luigi Squarzino, italienisches Hörspiel WDR Köln / Regie
1998 „Ein Familienfoto“ von Jan Milcak, tschechoslowakisches Hörspiel WDR Köln / Regie
* 1998 „Hörspiel – Galerien“ in Köln, Coesfeld, Schloß Morsbroich
1999 „Die Stimmen von Nienbeck“ von Jochen Schimmang WDR Köln / Regie
2001 „Hinter dem Spiegel“ von Peter A. Khotianowsky und Irina Petrova WDR Köln / Regie
2002 „Der Tag der Eule“ von Leonardo Sciascca WDR Köln / Zweiteilige Hörspielbearbeitung und Regie
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