Was ist der Sinn des Ganzen? Wenn wir den größeren Zusammenhang nicht finden, zerbricht das Leben in viele unzusammenhängende Einzelteile.

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,

daß ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein,
der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar;
ihr gold’nes Geschmeide blitzet,
sie kämmt ihr gold’nes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
und singt ein Lied dabei,
das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh,
er schaut nicht die Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh‘.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn,
und das hat mit ihrem Singen
die Lorelei getan.
Entstehung und Vorgeschichte

Im Alter von 25 Jahren verfasste Heinrich Heine (1797 – 1856) das Gedicht Ich weiß nicht, was soll es bedeuten und nahm es in sein ›Buch der Lieder‹ (1823/1824) in den Gedichtzyklus ›Heimkehr‹ auf.